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Die Sonne im Jahreslauf

 

und solang du nicht hast
Dieses: stirb und werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.
J.W. Goethe „Selige Sehnsucht“



Das Feste im Jahr
sind seine Feste,
seine Fixpunkte
Rüdiger Dahlke


 

Er spricht damit eine Grunderfahrung des archaischen Menschen an. Diese konnten bereits diese Jahres-Zeitabschnitte genau „messen“ mit ihren Pfahl- und Steinkreisen. Im Kreis des Jahreslaufes gibt es die vier markanten Fixpunkte: Sommer- und Wintersonnenwende und die beiden Tag- und Nachtgleichen. Diese vier

 Fest-Punkte entstehen durch die Kreiselbewegung unserer Erde, die damit Sommer und Winter entstehen lässt.

Diese Fest-Punkte wurden zu allen Zeiten gefeiert und auch heute in der christlichen Zeit feiern wir dieses kosmische Geschehen. Es scheint so, wie wenn diese Verbindung des Menschen mit dem Kosmos in unseren Genen gespeichert ist. Wir sind Kinder dieses wunderbaren Weltalls!

Wie bereits beschrieben wurde, vollzog der archaische Mensch das mythische Jahr mit den Hauptachsen des Jahresrades Sommer-Wintersonnenwende sowie Tag-Nacht-Gleichen. Dieses mythische Jahr war gekennzeichnet durch die Hauptfeste von Initiation - Heilige Hochzeit - Tod – Wiedergeburt – also der Initiation zur Vollendung des Menschseins.

Mindestens seit der Jungsteinzeit, etwa 4000 v.Chr. feierte man 8 mythischen Jahresfeste des Stirb-und-Werde an dafür besonderen Kultplätzen. Zu den vier beschriebenen Hauptfest- Punkten lagen jeweils die Vorbereitungsfeste zu den jeweiligen vier Festen des mythischen Jahres.


 

 Kelten:

Diese vier Feste wurden vor allem von den Kelten gefeiert:

Keltisches Jahresrad

Imbolc (2.2.) Beltaine (1.5.) Lugnasad (ca.1.8.) Samhain (31.10.)

Die 8 Jahresfeste wurden jeweils vom Vollmond (bzw. Neumond) bis zum Sonnenereignis mehrere Tage gefeiert. Diese waren die „Heiligen Tage“, im Englischen „holyday“ ist dies noch sprachlich erhalten.

An diesen Festtagen fanden alle gesellschaftlichen und religiösen Ereignisse und Riten statt: Politik, Kunst, Kult, Heilung, Wissenschaft, Mahl usw. Doch es war nicht nur ein Fest für die Menschen, sondern mit diesen Kultfeiern wurde die Energien und Fruchtbarkeit der Felder gestärkt.

Die meisten Feste des christlichen Kirchenjahres haben in diesen acht mythischen Initiationsfesten ihren Ursprung und können dadurch mit neuen Augen gesehen werden. Für uns heutige moderne und spirituelle Menschen kann dieser mythologische Jahresfestkreis der Einweihung eine Hilfe werden, wieder in den kosmischen Rhythmus zu gelangen. Wesentlich ist, die Ganzheit des Lebens zu sehen und in voller Lebensfreude zu feiern.

 


 

 Der Jahreskreis

 

Jahreskreis


Wie die nebenstehende Sonnenbeobachtung mit der Markierung der 8 Jahresfeste zeigt, versucht der Mensch das nachzuleben und nachzufeiern, was er am Himmel erlebt: Das Prinzip von "Stirb und Werde" der Sonne im Jahreslauf. Zur Wintersonnenwende wird der Lichtgott geboren, erwacht in seiner Intuition zu Imbolc, im Wettlauf gewinnt und freit er die Mädchengöttin Ostara um im Vorbereitungsfest (Beltaine) dann zur Heiligen Hochzeit, die zur Sommersonnenwende stattfindet zu vereinigen. Nach dem Lebensaufstieg beginnt der Weg in den Opfertod um dann zur Wintersonnenwende wiedergeboren zu werden.

Dieser Jahresweg der Sonne ist beispielsweise das Urbild des Einweihungsweges aller Helden und Götter, von Herakles mit seinen 12 Arbeiten bis zum Inkarnationsweg von Jesus dem Christus. Sein Weg verläuft von der Inkarnation über Passion, Auferstehung zur Himmelfahrt. Man ist geneigt, diese Sichtweisen ins Esoterische einzuordnen, doch Papst Gregor I. beschrieb diesen Zusammenhang sehr ausführlich.

In Mesopotanien entstand die Astrologie. Sie diente ursprünglich dazu, um genauer als mit den Sonnenmarkierungen die Zeiten für die Feldarbeit und den Öffnungen der Bewässerungsschleusen zu „errechnen“. Für diese etwa 8.000 bis 10.000 Jahre alte Kultur stand an den vier Haupthimmelsrichtungen die vier Wesen (Sternbilder), die das Himmelszelt hielten, über den der Sonnengott mit seinen feurigen Rossen über den Zenit zog. Dieses mythologische Bild übernahmen die frühen christlichen Kirchenlehrer: Die vier Evangelisten, bis heute in den alten Symbolen dargestellt, bringen den neuen Sonnengott Jesus Christus in die Welt – so wie einst die vier „Wesen“.
 

Sternbild H-Richtung Weg Evangelist
Stier Osten Geburt Lukas
Löwe Süden Höhepunkt Markus
Skorpion Westen Tod/Wiedergeburt Johannes (Adler)
Wassermann Norden (Nardir) Vergeistigung Matthäus

 

 Wortwurzel Seele:

 

Die Sonne steigt im Osten auf aus den Wassern der Unterwelt und nach übersteigen des Zenits steigt sie wieder in die Wasser der Unterwelt. Von diesem mythologischen Geschehen leitet sich unser Wort Seele ab. Aus dem (Kindli)See holt der Storch Adebar die Kinder und bringt sie der Mutter zum Gebären. Beim Tod des Menschen (Keltenfürst) wird er auf eine (Sonnen)Barke mit Scheiterhaufen gelegt. Dieser wird angezündet und das Boot gegen Westen in die See gestoßen. Aus dem See kommt der Mensch und in die See geht er wieder zurück. Vielleicht ist in unseren Zellen noch gespeichert, dass wir Mensch evolutionsgeschichtlich tatsächlich aus dem Wasser entwickelt haben (heute schwimmen wir noch im Fruchtwasser, um dann "das Licht" der Welt zu erblicken).


 

 Die Auseinandersetzung Sonne - Mond

 

Tiefenpsychologie
Der Mond steht nach C.G. Jung, dem Tiefenpsychologen, für das Unbewusste und damit auch für die unbewusste archaische Bewusstseinsphase des Menschen. Nun konzentriert sich die Religiosität der Mensch auf den Sonnengott und tritt erstmals in seine Bewusstwerdung ein. Die Sonne steht bei Jung für das Bewusstsein - es ist alles hell, klar und sichtbar. Interessant ist, dass man aus der Mondreligion von den 8 Phasen des Mondlaufes, nun 8 Sonnen-Jahresfest ableitet.

Kulte und Kultberge
Seit jeher waren Berge der Ort der Begegnung mit den Gottheiten. Man war dem Himmel, dem Wohnort der Gottheiten nahe und manchmal, wenn die Götter herabstiegen, entzogen sie sich den Blicken der Menschen durch eine Wolke am Gipfel. Heilige Berge besitzen am Gipfel eine besondere Erdenergie, manchmal mit einer artesischen Quelle. Es gibt Berge mit besonderer Sonnen- oder Lichtenergie, die auch "Löwenqualität" besitzen und zur Sommersonnenwende (Löwe-Sternbild) ihre stärkste Kraft entwickeln. Diese Berge waren dann einem Licht- oder Sonnengott geweiht.

Gegenüber Hügel im Osten mit der „Sonnenenergie“, wo der Sonnengott im Sonnenheiligtum verehrt wurde, lag im Westen das Mondheiligtum. Der Westen ist die Himmelsrichtung wo die zunehmende Mondsichel nach dem Neumond erstmals am Himmel steht. Daher entstand die Zuordnung der heiligen Berge im Osten das Sonnenheiligtum und im Westen das Mondheiligtum. Bei den ursprünglichen Mondheiligtümern finden wir heute in der Regel Marienoder seltener Frauenkirchen auf einem Buchberg oder Büchlberg. Bei den ursprünglichen Sonnenheiligtümern finden wir häufig Bergkirchen, die dem Hlg. Johannes, den Täufer geweiht sind. Das Fest dieses Heiligen ist drei Tage nach der Sommersonnenwende, am 24. Juni, wo die Wirkung der Sonne am Stärksten ist.