ARCHAISCHE CHARAKTERISTIKA
1. Die Ursprungs-Struktur als die Zeit, da die Seele noch schläft,
die Zeit der gänzlichen Ununterschiedenheit von Mensch und All.
2. Es herrscht noch das Einheits-Bewusstsein, der Mensch ist noch
mit der Welt verklebt und muß von außen aktiviert werden.
Mensch: Die gleiche uroborische Einheit herrscht zwischen Mutter und
Säugling/Embryo
Menschheit: Biblischer paradiesischer Urzustand, Androgynität des Menschen
und Jungfrauengeburt
MAGISCHE CHARAKTERISTIKA
1. Die Ichlosigkeit des magischen Menschen
2. Seine punkthaft-unitäre Welt
3. Seine Raum- und Zeitlosigkeit
4. Sein Eingeflochtensein in die Natur und ihrer langsamen Bewusstwerdung
5. Seine magische (Macht gebende und ihn zum Macher machende) Reaktion auf
dieses Eingeflochtensein. Der Mensch ist noch gebannt von dem, was er
wahrnimmt und versucht es mit Macht zu bannen (Mantik, Magie). Das
Bewusstsein ist noch nicht im Menschen, sondern ruht in der Welt, und das
Außen geschieht ihm noch verworren. Kennzeichnend für diese magische
Struktur ist der Punkt: einerseits als Andeutung einer ersten Zentrierung im
Menschen, zum anderen als Ausdruck der eindimensionalen Raum- und
Zeitlosigkeit. Der magische Mensch ist geprägt durch seine Emotionalität und
reagiert erlebnis- und gefühlsmäßig. Er verknüpft Dinge miteinander durch den
Vitalkonnex und nicht kausal, die einander zu ähneln scheinen oder
zueinander/einander „sympathisch“ sind.
6. Typisches Charakteristikum ist die Emotion
Mensch: Der Mensch beginnt zu wollen und stellt sich gegen die Natur mit
Bannen und Beschwören. Dies entspricht etwa dem zweijährigen
Kind.
Menschheit: Raum- und Zeitlosigkeit einer Welt „pars pro toto“
MYTHISCHE CHARAKTERISTIKA
1. Bewusstwerdung der Natur und das Erkennen ihrer Rhythmen und Zyklen.
Heraustreten aus der magischen Naturverflochtenheit in den „Himmel“, der
zugleich Seele und Zeit darstellt.
2. Bewusstwerdungselement, die „Erhellung“ macht das wesentliche Moment des
mythischen Prozesses aus; auch durch die Sonnenmythologie.
3. Die Differenzierung: Die mythische Struktur ist Ausdruck zweidimensionaler
Polarität, daher ist ihr Symbol der Kreis, dem Symbol der Seele. Der Kreis
umfasst alles Polare und bindet es ausgleichend ineinander: So kehrt im ewigen
Kreislauf das Jahr über seine polaren Erscheinungsformen von Sommer und
Winter in sich zurück. Da alles Seelische Spiegelcharakter hat, trägt es nicht
nur naturhaften Zeitcharakter, sondern impliziert auch das Nicht-an-die-Zeit-
gebundene, das Ewige, das auf den Himmel oder auf die Hölle bezogen ist.
Der Himmel kommt als Gegenpol zur Erde ins Bewusstsein (Weltentstehungs-
Mythos: Trennung von Himmel und Erde) Jetzt kann das Außen als Objekt
erkannt werden.
4. Imaginatives Bild-Bewusstsein: Geprägt durch ein Bewusstsein, das sich im
Bildcharakter des Mythos spiegelt. Wurde im magischen Bewusstsein der Mund
in den Bildern nicht dargestellt, so wird er jetzt zum Erzählen der Mythen
wichtig und wird gemalt. Diese Struktur wird von der Imagination geprägt,
womit sie sich gegen die magische Struktur abhebt.
5. Es beginnt das Zeitwissen und das Zeitgefühl, das in der Spätzeit der
magischen Struktur mit Jahreszeitenriten, astronomischen Äußerungen und
Kalenderformen begonnen hat. Der Rhythmus der Natur wird als zeitliches
Phänomen wahrgenommen.
6. Entstehen der Mythen und damit der Helden
7. Entdeckung des ICH (Narziß-Mythologem ). In den Spiegel der Seele sehen,
das ist Bewusstwerdung.
8. Typisches Charakteristikum ist die Imagination
Mensch: Beim Kind beginnt die mythische Periode mit dem 3. bis 4. Lebensjahr.
Es ist die Zeit der Ichwerdung. Aus dem Gruppen-Bewusstsein taucht
ein personales „Ich bin“ empor, das beim Kind mit etwa 3 Jahren
beginnt. Sie dauert bis etwa zum 12. Lebensjahr.
Menschheit: Erst diese Struktur vermögen wir in ihrem Beginn ungefähr zu
fixieren: Charakteristisch für sie ist die Bewusstwerdung der Seele, die
in unterschiedlichen Kulturen zu unterschiedlicher Zeit einsetzt. Für
das Abendland gibt Gebser das 2. Jahrtausend v.Chr. an.
MENTALE CHARAKTERISTIKA
1. In-Erscheinung-Treten des gerichteten Denkens. „Denn dasselbe ist Denken und
Sein“ (Parmenides +470 v.Chr.). Entstehung der Sinnfrage. Sinn und Richtung
haben im Griechischen die gleiche griechische Wortwurzel.
2. Erwachen der personalen Seele. „Erkenne dich selbst“ (Thales von Milet
+547 v.Chr.)
3. Zwischen Erde und Himmel entsteht eine dritte Kraft: der Mittler (Moses, Jesus)
Es entsteht eine Trinität, welche die dreidimensionale mentale Struktur
mitcharakterisiert. Da ist kein In-der-polaren-Einheit-Sein mehr. Da ist nur das
fremde Gegenüber, der Dualismus, der durch die denkerische Synthese als
Trinität überbrückt werden soll. Von Ganzheit ist nun nicht mehr die Rede.
4. Mit dem gerichteten Denken des mentalen Menschen gibt er sich selber eine
Ordnung, indem er Rechte schafft. Es werden Gesetzgeber notwendig, da das
alte polar-mythische Gleichgewicht gestört wurde und es beginnt jenes Setzen
und Fixieren, das es wieder herstellen soll. Mit „Recht“ wird die „rechte“ Seite
betont und damit auch für das männliche Prinzip.
5. Messen und Maß bekommt seine Bedeutung und der „Mensch wird das Maß aller
Dinge“ (Protagoras +415 v.Chr.). Der Mensch muss messen können, wenn er
etwas ermessen will (Platon +347 v.Chr.). Pythagoras (+500 v.Chr.), einer der
ersten Messenden und Geometer, stellte die eine Verbindung zwischen den
magischen Tönen und dem mentalen Sehen und Zählen her, indem er auf dem
Monochord die Töne maß. Das war der Ursprung der Harmonik.
6. Mit dem Messen beginnt eine Quantifizierung und ein Abwenden von der
Qualifizierung.
7. Typisches Charakteristikum ist die Abstraktion, das abstrakte Denken.
8. Die 3 großen Leistungen der mentalen (perspektivischen) Bewusstseinsstruktur:
> Griechische Wissenslehre
> Jüdische Heilslehre
> Römische Rechts- und Staatslehre
Mensch: Die mentale Stufe ist beim werdenden Menschen ab etwa 12 Jahren
mit der Pubertät anzutreffen.
Menschheit: 500 v.Chr. in Griechenland begonnen und breitet sich bis etwa
1250 in ganz Europa aus.
INTEGRALE CHARAKTERISTIKA
1. Integrales Bewusstsein heißt Ganzwerdung, die Wiederherstellung des
unverletzten ursprünglichen Zustandes unter dem bereichernden Einbezug aller
bisherigen Bewusstseinsleistungen.
2. Die raumzeitfreie Welt
3. Dem integralen Menschen werden die verschiedenen Strukturen durchsichtig
und bewusst. Auch wird ihm die Auswirkungen auf sein eigenes Leben und
Schicksal gewahr. Durchsichtigkeit und Durchscheinen – alles wird auf dieser
Welt offenbar (auch alle Skandale)
4. Synergie, statt nur Analyse. Gesamtschau von Dingen und Problemen
5. Realität und Scheinwelt (Fernsehen, Computer) lassen sich immer schwerer
unterscheiden und es bedarf einer großer Anstrengungen, in seiner Welt real zu
leben. Nur Wahrheit und Ethik sind von Dauer, alles andere zerfällt. Daher ist
wichtig der nächste Punkt:
6. Typisches Charakteristikum ist die Konkretion (Vergegenständlichung).
7. Ausgleich von Quantität und Qualität.
Mensch: Die integrale Stufe ist beim reifen Menschen erreicht, der alle
bisherigen (archaische, magische, ...) Bewusstseinsstufen positiv
integriert hat und weise über den Dingen steht.
Menschheit: In der Kunst tauchen erste Ansätze einer Integralen
Bewusstseinsstufe im 17. Jahrhundert auf. Wir stehen derzeit inmitten
dieses integrativen Prozesses, wo viele Systeme (Kommunismus,
Großparteien, Kirche, Familie ...) sich auflösen, neue Gruppierungen in
einer qualitativen Sozialisation neu und temporär bilden. Ein typischer
Beginn dieser Bewusstseinsstruktur könnte sein, als der Mensch mit
seinen leiblichen Augen die „Kugel“ der Erde gesehen hat, jene Form,
die dieser Struktur eigen ist. Viele der Gruppierungen, Wissenschaften
usw., die mit integrativ-, holistisch- ganzheitlich- beginnen, könnten
Zeichen dieser Integrativen Struktur sein.
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