h) Säulen und Kapitelle
Die (zentrale) Säule in Tempel und Kirche hat ihren Ursprung in der Weltachse, die
durch einen Baum (Weltenesche Yggdrasil; Lebensbaum und Baum der Erkenntnis)
oder einen Stein symbolisiert wurde. Diese Säule
ist damit die Verbindung der drei Welten:
Himmel
(Oberwelt) - Erde (unsere Welt) - Unterwelt.
Demnach waren die ältesten Säulen in den
Tempeln Holzpfähle, bis sie durch steinerne
ersetzt wurden. Doch die Lebendigkeit des
Baumes wurde dadurch weitertradiert, dass man
die Steinsäulen mit Kapitellen ausführte, die mit
Papyrus-, Lotos- oder Akanthusblättern verziert
wurden. Daher ist der Baum das Urbild der Säule.
So, wie der Baum Wurzeln und Äste benötigt, hat
die Säule Basis und Kapitell. Diese bautechnische
Notwendigkeit, die Decke und Dach trägt,
entspricht darüber hinaus auch der Forderung
nach Harmonie und Schönheit. Und auch
energetisch kommt der Säule große Bedeutung
zu. Sie "zapft" die Erdenergien an, stabilisiert sie
und verteilt sie - ähnlich einer Dipol-Antenne - an
ihre Umgebung. Sind mehrere Säulen in einer Reihe, so werden die Energien in einer
Richtung, meist nach vorne, verstärkt. Eine Ausgewogenheit von Durchmesser und
Länge der Säulen und deren Abstand zueinander spielt dabei auch energetisch eine
große Rolle. Auch ob die Säule rund oder eckig ist, oder aus einem Säulenbündel
besteht, wirkt auf das Energiemilieu. Ionische Säulen können einen unterirdischen
Grundwasserstrom invers machen.
Besonders in der Romanik wurden die
Säulen-Kapitelle reich mit Darstellungen
aus der Bibel und den Heiligenlegenden
geschmückt, die dem Unterricht und der
Erbauung der Gläubigen dienen sollen.
In der französischen Romanik bevölkern
auch alle möglichen Fabelwesen, wie
Sirene, Kentaur, Greif, Phönix, Drachen,
nebst sonstigem Getier, wie Vögel,
Hirsche, Schlangen, Wölfe usw. die
Kapitelle. Da es in der Romanik keine
Kunst um der Kunst willen gab, muss
man sehr tief in die Seele hinabsteigen,
um die Bedeutung solcher Darstellungen
zu erahnen. Die Künstler projizierten die
seelischen Vorgänge nach außen, die
sich in ihrem Inneren abspielten, wie
zum Beispiel der Kampf zwischen Gut
und Böse. Die Fabelwesen, die
Kombination mehrerer Tiere oder Halb
Tier - Halb Mensch, könnte so interpre-
tiert werden, dass sich die menschliche Seele von der erdhaft tierischen, langsam zur
menschlichen entwickelt. Meditiert man solche Darstellungen, spürt man fast die
Seele der dargestellten Personen. Die Symbolenergie dieser Darstellungen spielt mit
im "Gesamtorchester der Kirche".
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