b) Der Genius loci
Der Glaube an Schutzgeister, welche für das Wohl der einzelnen Menschen sorgten,
findet man bei vielen Völkern. Die Römer nannten diese Wesen GENIEN oder bei den
Flüssen und Seen waren es z.B. die Nymphen. In Rom kannte man auch Genien für
ein ganzes Haus, für eine Legion, für eine Stadt usw. Unter GENIUS LOCI verstehe
ich das "geistige Wesen" eines Ortes und jene Energie, die das Milieu dieses
einzigartigen Platzes ausmacht. Für mich sind es nicht unbedingt Schutzgeister,
sondern die feinstoffliche oder energetische Qualität eines Ortes. Es liegt an
unserer Kultur, Erfahrung oder Gesprächsebene, ob wir nun von Engel- und
Marienplätzen sprechen oder von Genien und Nymphen. Den Genius loci möchte ich
mit einer Person vergleichen, die mit verschiedenen erblichen und sozialen
Voraussetzungen ins Leben tritt und einen einzigartigen Weg beschreitet. Qualität
und Intensität dieses GENIUS LOCI hängen von folgenden vier Faktoren ab:
A) Terrestrisches und kosmisches Milieu des Ortes.
B) Milieuveränderung oder -verstärkung durch Errichtung
eines Steines, Gebäudes oder Pflanzen eines Baumes.
C) Der Mensch mit seinen Energien durch Arbeit, Kult und Gebet.
D) Die Zeit im Zyklus des Jahres und der Jahrhunderte.
A) Die Geomantie geht ja davon aus, dass die Erde ein Lebewesen ist, das Energien
besitzt, atmet und Energiemeridiane und -punkte hat, wie die Akupunkturzonen
des Menschen. So wie jeder Akupunkturpunkt ein Energiezentrum darstellt, das
andere Punkte speist und auch von anderen Energie erhält, so besitzt die Erde
ebenfalls kleine und große Energiezentren, Orte der Kraft, die miteinander
verbunden sind. An diesen Orten der Kraft ist auch ein besonderer Bezug zur
kosmischen Energie gegeben, die für das Milieu dieses Ortes prägend
verantwortlich ist. Als erstes war also der besondere Ort.
B) Durch das Errichten eines Steines, einer Steingruppe oder einer Kirche wurde
das Energiemilieu geformt und verstärkt.
C) Geist, Herz, Wille und Gefühl des Menschen formten einerseits den Platz und das
Bauwerk entsprechend seiner Religion und Kultur und andererseits durch die
hingebungsvolle Arbeit der Bauleute. Durch den Kult, durch die Liebe und durch
die Gebete, die an diesem Ort vollzogen wurden, erhöht sich die Qualität und
Intensität dieses Ortes.
Es änderte sich - entsprechend der Entwicklung und der Gottesvorstellung -
auch die Geistigkeit, die Qualität des Ortes. Zuerst gab es den matriarchalen
Kult und die Verehrung der Großen Mutter, die sich zur weiblichen Dreifaltigkeit,
die drei Beten, entwickelte. Aus dieser Zeit stammen die ersten Kultplätze.
Später übernahmen Kelten und Germanen in Europa diese Heiligen Orte oder sie
fanden neue Plätze. Dies ist nun der Übergang zur patriarchalen Religion. Als
christliche Missionare aus Ägypten, Syrien und Irland dieses Europa
missionierten, wurden auch die "Heidnischen Kultplätze" verchristlicht, indem
eine Kirche auf oder neben diesem alten Kultplatz errichtet wurde.
In den meisten Fällen wurde der ursprüngliche Genius loci vom Christentum
weiter tradiert (siehe Kapitel 3.6). Mit anderen Worten: Man blieb dem Prinzip,
der Qualität des Ortes treu, nur wird dieses Prinzip in den verschiedenen
Religionen anders angesprochen!
D) An einem bestimmten Tag im Jahr ist die Kraft des Ortes am stärksten
(Kapitel 3.6).
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