b) Kapelle und Kleindenkmäler
Geomantisch und kulturgeschichtlich können folgende Kapellen und Marterl
unterschieden werden:
Wegkapellen und -Marterl: Seit vorgeschichtlicher Zeit wurde an den
Wegrändern Steine errichtet und seit der Antike ist uns dieser Brauch überliefert.
Sie hatten einen praktischen Zweck der Orientierung, denn früher waren dies die
„Wanderkarten“ der Menschen. Außerdem orientierte man sich nach der Sonne
(Schattenzeiger durch Stein), den Sternen und auch durch die in Nord-Süd
verlaufende Wasserader hinter dem Marterl.
Früher nahm man nicht den kürzesten und bequemsten Weg, sondern den
„energetisch“ richtigen. Diese Wegmarkierungen hatten aber vor allem immer einen
religiösen Charakter. Man bat die Gottheit um Schutz auf dem Weg vor
Wetterunbill, Verirrungen, wilden Tieren und Räubern. Auf den Pilgerwegen rastete
man bei diesem kleinen Heiligtum, betete, aß und trank und ging weiter zum
nächsten. Man kann sie als „Perlenkette des Heils“ vergleichen, wie diese
Heiligtümer am Wege „aufgefädelt“ sind.
Schutz auf der Wasserfahrt: Früher nutzte man wesentlich öfter den
Wasserweg, um Mensch und Material zu transportieren. Doch waren auch diese
Wege viel gefährlicher als heute. Reißende Strömung, Stromschnellen,
Wasserwirbel, Felsen in den Flüssen und Stürme konnten Boote und Flöße zum
Kentern bringen. Daher opferte man den Wasser-Gottheiten und errichtete an den
Anlegestellen kleine Heiligtümer, wo man ihnen danken und sie um eine gute Fahrt
bitten konnten.
Brückenschutz: Für die alten Kulturen hatten alle Flüsse ihre Gottheiten. Wird durch
eine Brücke oder einen Steg die natür-
liche Grenze, welche der Fluss bildet,
aufgehoben, so musste die Flussgott-
heit durch einmalige oder regelmäßig
wiederkehrende Opfer besänftigt
werden. Diese wurden entweder auf
oder vor der Brücke dargebracht.
Dadurch wird die Brücke unter dem
Schutz dieser Gottheit gestellt und
wird ihrerseits heilig. An Stelle alter
Flussgötter wurden Standbilder
von Heiligen in Mitten der Brücke
errichtet. Ging man über eine Brücke so wurden - damals, wie heute - zu diesen
Flussgottheiten gebetet. Im Aberglauben geschah dies aus Angst und zum Schutz
vor Flussgeister und Hexen. Johannes Nepomuk ist einer dieser Brückenheiligen.
Der in Böhmen (Pomuk) geborene Domherr in Prag wurde 1393 von König Wenzel
IV in die Moldau gestürzt, weil er der Legende nach sich weigerte, das Beichtgeheimnis
der Königin zu lüften. Bei Brücken-Marterln ist auch der Heilige Christophorus, der
Christusträger als Schutzheiliger zu finden.
Wetterkreuze: Solche in der Tradition benannte Kreuze sind meistens rotbraun
gestrichen mit einen auf Blech gemalten Christus. Bisweilen haben diese Kreuze
zwei oder drei Querbalken mit den Folterwerkzeuge der Passion Christi (Arma
Christi), wo der Hammer nicht fehlen darf. Denn der Hammer ist in der
Symboltradition der Hammer des Wettergottes (Thor/Donar, Zeus). Auch hier
finden wir die Luftwesen, die für das örtliche Wetter verantwortlich sind.
Bitte und Dank für Gesundheit und Heilung: Kapellen und Marterl wurden auch
anlässlich von Dank für Heilung oder Bitte um Gesundheit errichtet. Die Namen
dieser Heiligtümer geben über den Anlass der Errichtung Auskunft: Cholerakapelle,
Pestkreuz und Pestsäule. Auch bei gut überstandener Kriegsgefahr wurden oftmals
Kreuze errichtet: Schwedenkreuz, Franzosenkreuz, Hussitenkreuz, Rebellionskreuz
oder Tartarenkreuz.
Tod und Unfall: Erinnerungsbilder und Unfallkreuze, die an ein Unglück erinnern,
das an dem Ort stattgefunden hat, wo der Bildstock steht, oft als Marterl im
engeren Sinn bezeichnet. Vielfach ist eine bildliche Darstellung des Unglücksfalles
angebracht, ebenso Inschriften, die Name, Zeit und Art des Unglücks angeben:
Unfall mit Fahrzeug (Wagen, Schlitten), Arbeitsunfall (Holzfällen), Blitzschlag,
Steinschlag, Lawine, Verbrechen usw.
Urlauberkreuze und -Plastiken. Das Hauptmotiv dieser „Urlaubergruppen“ ist der
Abschied Jesu von Maria, bevor er sich auf den Leidensweg begibt. Diese
Bildstöcke beziehen sich auf das Abschiednehmen anlässlich einer Wallfahrt. Vor
diesen „Urlaubergruppen“ wurden die Wallfahrer von der übrigen Bevölkerung unter
Gebeten und Segenswünschen „beurlaubt“. Das Substantiv (mhd., ahd. urloup)
bedeutete ursprünglich ganz allgemein „Erlaubnis“. In der höfischen Sprache der
mhd. Zeit bezeichnete es dann die Erlaubnis wegzugehen, die ein Höherstehender
oder eine Dame dem Ritter zu geben hatte. In der Neuzeit bezeichnet Urlaub die
[offizielle] vorübergehende Freistellung von einem Dienstverhältnis, allgemeiner
dann die dienst- oder arbeitsfreien Tage, die der Erholung dienen. (Zit. Nach
Duden)
Hausmarterl: Fast jeder Bauernhof hatte seine eigene Hauskapelle oder
Hausmarterl in der Nähe des Anwesens. Diese Heiligtümer wurden seit jeher
liebevoll künstlerisch ausgestaltet und geschmückt. Sie hatten eine zentrale
Stellung im Leben und Jahreszeitlichem Brauchtum. Man betete hier um
> Gesundheit
> Flursegen
> Gesundheit und Schutz der Haustiere
> Gegen Feuersbrunst und Wasserschaden
> Schutz vor Naturereignissen, wie Hagel, Frost, Gewitter, Blitzschlag
Geomantisch kann festgestellt werden, dass diese „Hauskirche“ ihre Energie und
ihren Segen für die Menschen, fürs Vieh und für die umliegenden Felder ausstrahlt.
Die Kräftigung der Wiesen und Felder kann sich auf einen Durchmesser von ca. 6 –
10 km ausbreiten und erhöht den Ernteertrag der Felder. Unsere Vorfahren haben
es verstanden, kleinräumig die Wetterlagen zur Erhöhung des Ernteertrages bzw.
zur Vermeidung von Wetterschäden mit Hilfe der Wettergottheiten zu beeinflussen.
Da die Luft-Naturwesen für das Klima verantwortlich sind, waren es meist Plätze
dieser Luftwesen. Zeus (gr.), Jupiter (röm.), Thor/Donar (nord.), Perun (slaw.)
waren Wetter-, Gewitter-, Donner- und Fruchtbarkeitsgottheiten und wurden mit
einem Blitzbündel oder einen Hammer in der Hand dargestellt. Im Christentum
wurde diese Tradition mit den Wetterheiligen Petrus und Donatus fortgesetzt. Wir
dürfen darauf vertrauen, dass die Gebete zu diesen Heiligen helfen und verändern.
Das Christentum kennt etwa 250 Heilige, die bei den verschiedenen
Wettergefahren und um gute Ernte angerufen werden.
Kapellenlinden: Sehr viele unserer Kapellen und Marterl werden von zwei Linden
geschmückt, die das kleine Heiligtum schmücken. Es sind durchwegs
Marienkapellen, die von den Linden umgeben wird. Sie ist die religionsgeschicht-
liche Nachfolgerin der Göttin Freya, der Göttin der Liebe und Wahrheit.
Allgemeines: Je nach Größe einer Kapelle, finden sich die Grundprinzipien des
oben beschriebenen Kirchenbaues wieder. Der/die Patron/in (siehe 3.6) drückt die
vorhandene Energiequalität aus. Die Kapelle kann im Ortungssystem für eine
zentrale Kirche Schutz bieten (siehe 3.2). Doch oft entdeckt man bei unbeachte-
ten Kapellen wahre Klein-ode an Ausführung und Energiestruktur. Es lohnt sich fast
immer stehen zu bleiben, für diesen Platz zu danken und ein wenig Harmonie
mitzunehmen.
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