Mythologie der Germanen PDF Drucken E-Mail

In der Edda (erst um 1225 n.Chr. niedergeschrieben) wird die Kosmologie

der Germanen beschrieben. Aus dem Chaos entsteht ein südliches Feuerreich

Muspelheim und eine nördliche Eiswelt Nebelheim. Aus der Verbindung von Feuer

und Eis (Wasser) entsteht das Leben. Das war der Urriese Ymir, aus dessen

Körperteilen die Welt entsteht. Sie teilt sich in das Außenreich Utgard des Eises

und der Einöde und dem Mittelreich Midgard, wo die Menschen wohnen und in

deren Mitte die Weltenesche Yggdrasil steht (siehe Abschnitt 8.2.b). In deren

Mitte erhebt sich der Heilige Himmelsberg Asgard, der Sitz der Götter. Auf Asgard

steht auch die Götterburg Walhall , die alle gefallenen germanischen Krieger

aufnimmt. Hier dienen die Walküren den Göttern und Kriegern. Sie waren

ursprünglich Naturgeister und später wurden sie jungfräuliche Kriegerinnen, die in

die Kämpfe eingriffen. Bekannte Walküren sind Walpurgis, die Disen, Hilda, Brunhild.

Hinter den Deutschen Volksmärchen kann man die reiche germanische Mythologie

entdecken. Sie wurden über Jahrhunderte mündlich überliefert und ab dem 16.

Jahrhundert aufgeschrieben (Grimm: 1815). Eine der wesentlichsten Aussagen der

Märchen ist, dass das Leben (Gottheit) gut ist und immer positiv endet. Sie

schildern Individuationsprozesse die den Jugendlichen zum Erwachsenwerden

helfen sollen.

Im Germanischen hieß das Wort Gott guda und war ursprünglich sächlich und in der

Mehrzahl (neutrum pluralis). Unser heutiges Wort „gut“ hat hier seinen Ursprung.

Die Germanen kennen zwei Göttergeschlechter:

Vanen (nord.: „die Glänzenden“). Sie sind eher die älteren Götter der

Megalithkultur und Bauern. Die Vanen waren eigentlich die Personifizierung der

Mächte des Lebens und der Fruchtbarkeit. Zu diesen Fruchtbarkeitsgöttern

gehören die Erdgöttin Nerthus („Mutter“), ferner Njörd, Freyr („Herr“) und Freya

(Frau Herrin), die geliebte Göttin der Liebe und Zärtlichkeit. Sie hatten die

Geschwisterehe. Die Vanen hatten die Irminsul als ihr religiöses Zentrum.

Asen (anord. âs = „Pfahl, Balken, Träger Dachsparren“). Sie sind die jüngeren

kriegerischen Götter unter der Führung Odins . Fred Hageneder schreibt, dass

nirgendwo in den Eddas oder anderen nordischen Quellen, die Asen als „Götter“

bezeichnet werden und das Universum erschaffen hätten. Sie sind auch nicht

allwissend, allmächtig und allgegenwärtig. Sie sind wie die Menschen sterblich und

werden nur durch die Äpfel der Göttin Idunn jung gehalten. Es waren 12 Asen, die

von 12 Asinnen begleitet wurden, was 12 Gegensatzpaare ergibt, wie Nacht und

Tag, die ebenfalls jeweils in 12 Stunden geteilt wurden. Odin wird als „Allvater“

(Vater von allen) bezeichnet. Die Asen wurden auch regin genannt, das „glückselig

Leitende, Regierende“ bedeutet. Zu den Asen zählen Thor, Balder, Frigg usw. Als

ihre Wohnsitz galten Bergspitzen und Bergrücken, und man sagte, sie tragen das

Dach des Himmels Asgard. Der Name „Gott“ wurde in den alten Schriften ohne

jeglichem Artikel geschrieben, also weder männlich noch weiblich. Die Asen hatten

die Weltenesche Yggdrasil als ihr religiöses Zentrum.

Zwischen den Asen und den Vanen gab es den Götterkampf, den man auch so

interpretieren kann, dass sich die Mythologie zweier Stämme in einem (Religions-)

Krieg bekämpften. Es könnten dies die Verschmelzung der Streitaxtkultur (Asen)

und der Megalithkultur (Vanen) gewesen sein. Dieser Götterkampf endet mit einem

Versöhnungsritual (Geisel?), bei dem je zwei Götter im jeweils anderem

Götterhimmel als gleichwertig aufgenommen wurden.

Kultfeste werden periodisch vom Stamm oder nach siegreich beendetem Kampf zu

Ehren der Götter gefeiert. In bestimmten Kultbezirken werden Opfertiere

geschlachtet, Kultmahl gehalten bei Gesängen und Tanz. Kultbezirke waren Heilige

Haine, Heilige Bäume, Heilige Berge, Heilige Quellen und Heilige Steine. Erst viel

später in nachchristlicher Zeit bauen sie Tempel mit Holz- und Metallidolen. Man

kannte auch feierliche Flurumzüge.

Die Germanen hatten keine eigenen Priester, wie die Druiden der Kelten. Die

religiösen Handlungen wurden vom König, dem Stammes- oder Sippenoberhaupt

durchgeführt. Sie hatten die weltliche und geistige Macht inne. In der Sippe führte

der Familienvater die Weihehandlungen bei Geburt, Hochzeit, Losorakel und Opfer

durch. Frauen hatten ebenfalls bestimmte Aufgaben bei den Kulthandlungen, vor

allem seherische Aufgaben und Zukunftsbefragungen.